DRG Fliegender Hamburger

07/09/07

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Lokomotiven der Deutschen Reichsbahn (DRG) 1920-1945
 
bullet BR SVT 137 "Fliegender Hamburger"

Foto Landesbildstelle 30.11.1932 / Klick zurück

 

Technische Daten

Baureihe

SVT 137 "Fliegender Hamburger"

Bauart

 

Antrieb

zwei 410-PS-12-Zyl.-Dieselmotoren mit 150 mm Zylinderdurchmesser und 200 mm Hub, mit einem Gewicht von 2030 kg oder 4,7 kg je PS

Leistung

410 PS

Höchstgeschwindigkeit

160 km/h (zugelassenen Höchstgeschwindigkeit)

Länge über Puffer

rund 42.000 mm

Treibraddurchmesser

 

Gewicht

 

1. Baujahr

 

Produzierte Stückzahl

 

Technische Besonderheiten

 

Letzte Ausmusterung

 

Ähnliche Baureihen

 

 

Erläuterungen


Der stromlinienförmige Schnelltriebwagen, im Volksmund als "Fliegender Hamburger" bezeichnet, machte Geschichte. Es handelt sich dabei um einen zweiteiligen Diesel-Schnelltriebwagen mit elektrischer Kraftübertragung. Der Antrieb erfolgte über 2x410 PS starke Elektromotoren. Entwickelt wurde der Triebwagen von der Görlitzer Waggonbau und Maschinenbau AG im Verbund mit Maybach in Friedrichshafen sowie AEG und Siemens.

Für eine Versuchsfahrt am 19. Dezember 1932 benötigte er für die Entfernung von 286,8 km von Berlin Lehrter Bahnhof bis Hamburg Hauptbahnhof lediglich 142 Minuten. Im Vergleich dazu benötigte damals der schnellste Dampflokomotivbespannte Fernzug 37 Minuten länger. Ab 15. Mai 1933 erfolgte der planmäßige Einsatz auf der Strecke Berlin - Hamburg mit einer Reisedauer von 138 Minuten.


Über die Schnellfahrversuche mit dem "Fliegenden Hamburger"

von Dr.-Ing. Alfred Müller

"Am 29. Dezember 1932 hatte der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, Dr.-Ing. E. h. Dorpmüller, Vertreter der Behörden, der Industrie und der Wirtschaft zu einer Probefahrt mit dem neuen Schnelltriebwagen auf der Strecke Berlin-Hamburg und zurück geladen. Der von der Waggon- und Maschinenbau A.-G. (Wumag) in Görlitz zusammen mit der Maybach-Motorenbau G.m.b.H. und den Siemens-Schuckert-Werken entworfene und gebaute Triebwagensatz besteht aus zwei in der Mitte kurz gekuppelten Wagenhälften, die an der Kupplungsstelle auf einem zweiachsigen Jakobs-Drehgestell ruhen. Beide Wagenhälften bilden eine Zugeinheit von rd. 42 m Länge, die sich aus zwei völlig selbständigen Teilen zusammensetzt und an beiden Enden einen Führerstand besitzt, so daß der Wagen, ohne auf einer Drehscheibe oder Schleife zu wenden, in jeder Richtung gefahren werden kann. Der Triebwagensatz bietet insgesamt für 102 Fahrgäste 2. Klasse Sitzgelegenheit und ist zur einen Hälfte als Raucher -, zur anderen als Nichtraucherabteil ausgebildet; beide Hälften sind durch Faltenbalg miteinander verbunden. Die Sitzplätze sind zu beiden Seiten eines durchlaufenden Ganges so angeordnet, daß auf der einen Seite an der Fensterwand je ein Sitzplatz, auf der anderen je drei einander gegenüber vorhanden sind.

Die Wagenkasten sind im Spantenbau mit tragenden Seitenwänden ausgeführt und haben weder Zug- noch Stoßvorrichtungen. Um im Bedarfsfalle abgeschleppt werden zu können, hat der Triebwagensatz an jedem Kopfende eine Öse, in die eine im Wagen mitgeführte Kuppelstange eingesetzt werden kann, die in den Zughaken des abschleppenden Fahrzeugs eingehängt wird. Anstelle von Puffern hat der Triebwagensatz an jedem Kopfende zwei seitlich herausragende Kopfstücke, die mit Gummipuffern in Form von Halbzylindern gepolstert sind, um Beschädigungen der sehr leicht gebauten Wagen beim Rangieren zu vermeiden. Die äußere Form des Wagenkastens wurde durch Versuche im Windkanal des Zeppelin-Luftschiffbaues gefunden. Die Wagenenden sind im Grundriß stark abgerundet, die Wagendecke ist an den Enden weit hinuntergezogen und der Raum unter den Wagenkästen ist durch tief herabgeführte Blechschürzen verkleidet.

Die Wagenkasten ruhen an den Kopfenden auf je einem zweiachsigen Drehgestell mit einem Radstand von 3500 mm; an der Kupplungsstelle ruhen sie auf einem gemeinsamen zweiachsigen Jakobs-Drehgestell von gleichfalls 3500 mm Radstand. Der Antrieb des Schnelltriebwagens erfolgt durch zwei 410-PS-12-Zyl.-Dieselmotoren mit 150 mm Zylinderdurchmesser und 200 mm Hub, mit einem Gewicht von 2030 kg oder 4,7 kg je PS. Jeder Dieselmotor kann einzeln von jedem Führerstand aus angelassen werden. Die Motoren werden durch Kühlwasserpumpen gegen übermäßige Erwärmung geschützt; das erwähnte Kühlwasser wird in einer unterhalb des Wagenfußbodens aufgehängten Kühlanlage rückgekühlt. Die Bedienung des Dieselmotors durch den Führer ist sehr einfach und erfolgt mit Hilfe einer elektrischen Fernsteuerung durch Veränderung der Motordrehzahl. Wird bei Leistungsüberschuß die vom Führer eingestellte Drehzahl überschritten, so wird von der Brennstoffpumpe durch einen selbständig wirkenden Regler weniger Brennstoff in den Zylinder eingespritzt. Der Brennstoff wird in Behältern mitgeführt, die für einen Fahrbereich von rd. 2000 km ausreichen.

Jeder Dieselmotor ist mit einem Stromerzeuger gekuppelt, dessen Strom unmittelbar jedem der beiden Fahrmotoren zugeleitet wird, die in dem gemeinsamen Jakobs-Drehgestell untergebracht sind. Die beiden Maschinenanlagen (Dieselmotor, Stromerzeuger, Fahrmotor) sind voneinander völlig unabhängig, so daß der Triebwagensatz auch bei Stillsetzung eines einzelnen Maschinensatzes betriebsfähig bleibt und dabei auf der Waagerechten noch mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h gefahren werden kann. Die elektrische Schaltung wurde nach dem Gebus-System ausgeführt. Der Stromerzeuger besitzt eine an den Ankerbürsten liegende Nebenschlußfeldwicklung; eine im gleichen Sinn wirkende vom Hauptstrom durchflossene Feldwicklung erregt sich selbst und arbeitet mit schwacher magnetischer Sättigung.

Um Unfälle bei Dienstunfähigkeit des Triebwagenführers möglichst auszuschließen, ist eine Sicherheitsfahrschaltung eingebaut, die anspringt, wenn der Führer die Totmann-Kurbel oder einen Fußhebel auf dem Führerstande losläßt. Der Triebwagensatz ist mit der schnell wirkenden selbsttätigen Einkammer-Luftdruckbremse (Bauart Knorr) ausgerüstet. Für die Bremsung werden besondere Bremsbacken mit Belägen aus künstlichen Reibstoffen verwendet, die auf Bremstrommeln wirken, die an den Radsternen angebracht sind. Außerdem ist eine elektromagnetische Schienenbremse vorhanden, die aber nur als zusätzliche Gefahrenbremse Anwendung finden soll. Mit Rücksicht auf die hohe Fahrgeschwindigkeit des Schnelltriebwagens mußte der Abstand der Vorsignale von den Hauptsignalen von 700 auf 1200 m erweitert werden. Der Bremsweg von 1200 m kann auch bei der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ohne Schwierigkeiten eingehalten werden.

Anläßlich der Probefahrten des neuen Schnelltriebwagens ist die Frage aufgeworfen worden, ob damit das Ende der Dampflokomotive in sichtbare Nähe gerückt sei. Der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, Dr. Dorpmüller, hat darauf geantwortet, daß auch in Zukunft die Dampflokomotive noch Aufgaben zu erfüllen haben werde, die - mit Ausnahme der elektrischen Triebkraft - vorläufig von keiner anderen Antriebskraft erfüllt werden können. Die Schnelltriebwagen dienen Sonderzwecken, die unter anderen Gesichtspunkten gewertet werden müssen als der gewöhnliche Eisenbahnbetrieb."

von Dr.-Ing. Müller in der Zeitschrift "Verkehrstechnik" vom 20. Januar 1933, Seite 26

Fundstelle: Alfred B. Gottwaldt: Deutsche Dampflokomotiven der 30er Jahre, transpress Verlag, Stuttgart 1998, 130f


© 2003 Verkehrswerkstatt.de Heiko Rockel

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